Auf einer Biofach-Kongressveranstaltung sind wir in das Thema alternativer Versorgungsstrukturen eingestiegen und haben uns attraktive Initiativen für Subsistenzwirtschaft angeschaut.
Zum Auftakt sind wir der Frage nachgegangen, was denn eigentlich die Bedeutung des Handels ist: Eine rein volkswirtschaftliche Betrachtung zeigt uns, dass die Rolle des Handels im Austausch von Gütern liegt. Bezogen auf Lebensmittel bringt er also Waren aus der Landwirtschaft und der Verarbeitung an die Verbraucher*innen, mit der Konsequenz einer entkoppelten Wertschöpfungskette: Landwirtschaft -> Verarbeitung -> Handel -> Verbrauch.
Mehr oder weniger stark ausgeprägt ist das Bedürfnis des Handels nach Differenzierung. Gerade dieses Ziel könnte eine Motivation für den Lebensmittelhandel sein, sich auch als Informations-Logistiker zu verstehen und so auch Inhalte entlang der Wertschöpfungskette zu transportieren und damit Geschichten erzählen zu können. Dadurch entsteht eine punktuelle (mehr emotionale als faktische) Nähe der Verbraucher*innen zu Verarbeitungs-Unternehmen oder zur Landwirtschaft. Ein wirklicher Resonanzraum, ein Dialog entsteht damit noch nicht.
Vielleicht lohnt daher an der Stelle ein Blick in andere Konzepte: Beispielsweise aus der Idee des assoziativen Wirtschaftens heraus ergibt sich für den Handel eine gänzlich andere Rolle und damit verbunden eine andere Grundhaltung. Der Handel agiert aus einem Grundverständnis der Moderation heraus und stellt den Verbraucher*innen, den Landwirt*innen und den Verarbeiter*innen die Frage: „Was brauchst Du?“.
In unserer kleinen Veranstaltung hatten wir das Glück, drei Angebote vorstellen zu können, die aus einer solchen Grundhaltung heraus die Versorgung mit Lebensmitteln gestalten.
Nicole Klaski hat aus ihrem Engagement bei der foodsharing-Initative vor einigen Jahren das Konzept für das gemeinnütziges Unternehmen The Good Food entwickelt. Nicole bringt dabei zum einen MHD-gefährdete Ware aus dem Handel und von den Verarbeitungs-Unternehmen in ihren Laden. Zum anderen organisieren sie und ihr Team die Nachernte auf den regionalen Höfen und bieten diese Produkte an. Insgesamt 80 Menschen arbeiten, meist ehrenamtlich, für The Good Food und bringen sich in vielen Facetten ein: vom Organisieren der Nachernte bis zum Waschen der Jutebeutel. Die Kund*innen können diese Produkte im Laden in Köln-Ehrenfeld erwerben und zahlen dafür nach dem Prinzip „pay what you want“. Die Erfahrung zeigt, dass damit ein kostendeckendes Wirtschaften möglich ist.
Julia Dalmadi und Marie Populus sind mit vielen anderen gerade in die Gründung der Supercoop in Berlin involviert. Vorbild für das Projekt ist die park slope foodcoop in NewYork, in der sich mehr als 17.000 Mitglieder mit allen Dingen des Alltags versorgen. Die SuperCoop in Berlin wird später im Wesentlichen aus dem verpflichtenden Ehrenamt der Mitglieder heraus betrieben und steht auch nur den Mitgliedern zur Verfügung. Ein Ziel dabei ist die Einbindung von Menschen aller sozialer Schichten, um wirklich gesellschaftliche Veränderung zu ermöglichen.
Matti Pannenbäcker hat den WIR-Garten mit initiiert, einem Ermöglicher-Konzept für solidarische Landwirtschaft mit einem Pilotprojekt in Lüneburg. Wie in solidarischen Landwirtschaften üblich, wird die Ernte unter allen Mitgliedern geteilt, die im Gegenzug sich die Kosten für den Hof teilen. Die Mitglieder können auf dem Feld mitarbeiten und sich im WIR-Garten engagieren. Das Ermöglicherkonzept gibt Interessierten die Chance, professionell, schnell und einfach eine solidarische Landwirtschaft ins Leben zu rufen. Dabei können die Interessent*innen auf ein fertiges und bewährtes Konzept zurückgreifen. Da es sich um ein open social franchise-Konzept handelt, entstehen für die Nutzer des Konzeptes also des Handbuches erstmal keine Kosten. Das Handbuch steht öffentlich zur Verfügung, aber wer von dem WIR-Garten Team beraten werden will, zahlt für die Beratung, und wer den Namen, Logo & Design nutzen will und eine regelmäßige Begleitung, entrichtet hierfür eine monatliche Gebühr. Das Ganze wird kostendeckend (deshalb „social“) kalkuliert.
Interessant, was sich so alles tut. Wir hoffen auch für euch. Schreibt uns gern, wenn Ihr noch etwas hinzufügen möchtet.
CS